Bei einer schweren Osteoporose im Kindesalter muss an die Osteogenesis imperfecta gedacht werden, bei der die Knochen wie Glas zerbrechen können. Es handelt sich hierbei um eine Erbkrankheit, bei der durch eine Veränderung im Erbgut ein bestimmtes Kollagen nicht mehr einwandfrei im Körper hergestellt werden kann. Da dieses Kollagen u.a. für die Knochenbildung benötigt wird, resultiert ein Verlust an Knochenstabilität, in deren Folge häufig Knochenbrüche entstehen, die letztendlich zu Deformierungen und Behinderungen führen können.
Die Veränderung im Erbgut ist vererblich, d. h. leidet ein Elternteil an der Osteogenesis imperfecta liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Abkömmling ebenfalls daran leidet, bei 50%. Aber auch wenn beide Eltern gesund sind, ist das Auftreten der Osteogenesis imperfecta durch eine zufällig aufgetretene Mutation im Erbgut des Kindes möglich. Die Häufigkeit der Erkrankung wird auf 4 – 7 Fälle pro 100.000 Einwohner geschätzt, sodass man in Deutschland von 2.500 – 4.500 Betroffenen ausgehen muss.
Das Hauptmerkmal der Osteogenesis imperfecta ist die abnorm hohe Knochenbrüchigkeit, wodurch der Name Glasknochenkrankheit zu erklären ist. Es gibt Betroffene, die im Laufe ihres Lebens mehrere Hundert Knochenbrüche erleiden. Die Zahl der Knochenbrüche steigt insbesondere dann, wenn die Kinder erwachsen werden oder aber, wenn Frauen mit Osteogenesis imperfecta in die Wechseljahre kommen.
Neben der extremen Knochenbrüchigkeit können noch eine ganze Reihe weiterer Symptome auftreten:
- Blaue Skleren (das „Weiße“ der Augäpfel ist blau verfärbt)
- Schwerhörigkeit/Taubheit
- Kleinwuchs
- Verbiegung der Wirbelsäule und weitere Deformierungen des Skeletts
- Überdehnbare Gelenke
- Muskelschwäche
- Zahnveränderungen
- Herzklappenfehler
- Neigung zu Leistenbrüchen
- Kurzsichtigkeit
- Weite Fontanellen und weiche Schädelknochen
- Nierensteine
- Überschießende Bildung minderwertigen Knochenmaterials an Bruchstellen
Typische blaue Skleren |
Geistige Behinderungen treten im Rahmen einer Osteogenesis imperfecta nicht auf!
Nicht jeder Osteogenesis imperfecta-Betroffene bietet immer das Vollbild der Erkrankung. So gibt es durchaus milde Verlaufsformen, die die Lebensqualität der Betroffenen kaum beeinträchtigen und oft nicht als Osteogenesis imperfecta erkannt werden.
Neben der Versorgung der Knochenbrüche ist die Therapie der Wahl heutzutage die möglichst frühzeitige Behandlung mit modernen Osteoporose-Medikamenten wie beispielsweise den Bisphosphonaten. Im Kindesalter verabreicht führen sie zu einer beachtenswerten Besserung des Krankheitsbildes:
- Zunahme der Knochendichte
- Verbesserung der Knochenqualität
- Abnahme der Knochenschmerzen
- Abnahme der Knochenbrüche
- Zunahme der Mobilität der Betroffenen
Korrekt durchgeführt wird die Behandlung mit Bisphosphonaten im Kindesalter gut vertragen. Nebenwirkungen wie Wachstumsstörungen, Mineralisationsstörungen und weitere langfristige Nebenwirkungen sind bis heute nicht bekannt. Zusätzlich sollten die Kinder ausreichend mit Vitamin D und Kalzium versorgt werden. Eine intensive Physiotherapie ist ebenfalls erforderlich: Starke Muskeln bedeuten starke Knochen.