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Freitag, 18. März 2011

Immunglobuline - neue Therapie-Option bei Morbus Sudeck?

Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS Typ I, früher Morbus Sudeck genannt) ist eine Erkrankung des autonomen Nervensystems, die nach Verletzungen auftreten  und zu einer Gebrauchseinschränkung der betroffenen Extremität verbunden mit intensiven Schmerzen führen kann. In vielen Fällen ist die Hand nach einem Handgelenksbruch betroffen. Das Syndrom kann chronisch werden, die Therapie in manchen Fällen nicht befriedigend und/oder mit hohen Nebenwirkungen verbunden.

Ausführliche Informationen zu diesem Krankheitsbild finden Sie hier:
 


Auch wenn das Krankheitsbild bereits im 19.Jahrhundert beschrieben wurde ist die Ursache noch weitestgehend unbekannt. Die jüngste Hypothese beschäftigt sich mit der Annahme, dass das CPRS eine Erkrankung des Immunsystems sei. Noch gibt es relativ wenige Studien zu diesem Thema, und die Ergebnisse sind teilweise kontrovers. Die schon länger therapeutisch wirksam Gabe von Medikamenten, die auf das Immunsystem einwirken wie Kortison, spricht für diese Theorie.

Bereits in der Vergangenheit hat es Versuche gegeben, Patienten, die unter stärksten Schmerzen litten und somit eine erhebliche Einbuße an Lebensqualität hinnehmen mussten, mit Immunglobulinen zu behandeln. Eine Londoner Schmerzarbeitsgruppe hat nun eine Studie hierzu veröffentlicht, die allerdings nur an einem kleinen Patientenkollektiv durchgeführt worden ist, dennoch aber eine lohnenswerte Therapie-Option für Patienten ist, bei denen herkömmliche Behandlungen erfolglos sind.

In die Studie aufgenommen wurden 13 Patienten, bei denen das CRPS  länger als 6 Monate bestand und die auf Standardtherapien nicht ansprachen. Die Patienten wurden entweder mit 0,5 mg Immunglobuline pro kg Körpergewicht intravenös behandelt oder erhielten als Kontrollgruppe ein sog. Placebo, das heißt ein i.v. Präparat, das keinen Wirkstoff enthielt. Um eine Verfälschung der Studienergebnisse durch die Erwartungshaltung der Patienten zu verhindern, wusste kein Patient, ob er zur Immunglobulin- oder Kontrollgruppe gehörte.  Sowohl vor, während und nach der Behandlung wurden die Patienten nach der Schmerzintensität befragt: in den Immunglobulingruppe nahm die Schmerzintensität ab, bei einigen sogar um 50%.

Auch wenn es sich bei der Studie nur um ein kleines Patientenkollektiv handelt, kann bei chronischen Verläufen mit stärkster Beeinträchtigung der Lebensqualität der Einsatz von Immunglobulinen ein Versuch wert sein.

Samstag, 19. Februar 2011

Morbus Sudeck

Der Morbus Sudeck gehört zu den neurologisch-orthopädisch-traumatologischen Erkrankungen. Es existieren gleich mehrere Begriffe, die ein und die gleiche Erkrankung bezeichnen: Reflexdystrophie, Sudeck-Dystrophie, Algodystrophie, sympathische Reflexdystrophie, Kausalgie oder aber auch komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS = complex regional pain syndrome).

Das CRPS entsteht nach Traumata jeglicher Art an den Extremitäten, also an Armen und Beinen. Zu Traumata gehören übrigens nicht nur Verletzungen i.e.S, sondern auch nach Operationen, Entzündungsreaktionen und isolierten Nervenverletzungen. Dabei kommt es nicht auf die Schwere der Verletzung an, auch Bagatelltraumen reichen aus. Ist das CRPS auf die Schädigung eines größeren Nervs zurückzuführen spricht man von einem CRPS II, ansonsten von einem CRPS I.

Auf dem Boden einer noch nicht geklärten Reaktion feiner und feinster Nerven kommt es zu einer Entzündungsreaktion im verletzten Extremitätenabschnitt, es treten Durchblutungsstörungen, Ödeme, Hautveränderungen und schließlich auch Funktionsstörungen z.B. der Hand auf begleitet von hartnäckigen Schmerzen.

In Europa entwickeln durchschnittlich 26 von 100.000 Menschen pro Jahr ein CRPS, wobei der Altersgipfel zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr liegt.  Aber auch Hochbetagte und sogar Kinder können betroffen sein. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer und die obere Extremität ist doppelt so häufig betroffen wie die untere Extremität. Ein klassisches Beispiel für ein CRPS ist die Entwicklung nach einer Handgelenksfraktur.

Typische Symptome:
  • Ruheschmerz der betroffenen Extremität, der sich unter Belastung verstärkt
  • gesteigerte Druckschmerzhaftigkeit der Extremität
  • Einschränkung der Motorik, z.B. Fingerbeweglichkeit, Feinmotorik, Kraftminderung, Zittern
  • Störungen der Hautdurchblutung, was zu Änderungen der Hauttemperatur und Hautfarbe führt
  • Schwitzen im betroffenen Körperteil („feuchte Hand“)
  • Anschwellen des betroffenen Körperteils, teilweise massive Ödeme
  • sog. trophische Störungen von Haut, Nägeln, Behaarung
  • Entkalkung des Knochens (sog. turn-over-Osteoporose)
  • Gelenkfehlstellungen
  • Schmerzen
Akutes Stadium eines CRPS

Diagnostik

Die Diagnose wird klinisch gestellt, d.h. durch eine körperliche Untersuchung, wobei folgende Kriterien erfüllt sein müssen:

1. anhaltender Schmerz, der durch das auslösende Trauma nicht zu erklären ist

2. die Patienten müssen über mindestens ein Symptom aus 3 der 4 folgenden Kategorien berichten:

a) Überempfindlichkeit gegen Schmerzreize (sog. Hyperalgesie)
b) unterschiedliche Hauttemperatur im Seitenvergleich, Veränderung der Hautfarbe
c) unterschiedliches Schwitzen im Seitenvergleich; Ödem
d) eingeschränkte Beweglichkeit, Kraftminderung des betroffenen Körperteils

3. die Patienten müssen mindestens zum Zeitpunkt der Untersuchung ein Symptom aus 2 der 4 folgenden Kategorien aufweisen:

e) überschießende Schmerzreaktion auf spitze Reize (Zahnstocher), Druckschmerz über Gelenken, Knochen o. Muskeln
f) asymmetrische Hauttemperatur, Veränderung der Hautfarbe
g) Asymmetrie im Schwitzen, Ödem
h) eingeschränkte Beweglichkeit, Zittern, Kraftminderung, Veränderungen von Haar oder Nagelwachstum

4. eine andere Erkrankung erklärt die Symptomatik nicht

Die apparative Diagnostik kann zwar zur Bestätigung der Diagnose CRPS herangezogen werden, entscheidend ist aber die klinische Untersuchung (s.o.). So ist es durchaus möglich, dass die folgenden Untersuchungsmethoden völlig unauffällig sind, der Patient aber dennoch das Vollbild eines CRPS aufweist:

1. Röntgenaufnahmen
Nur 50% der Betroffenen zeigen nach 4-8 Wochen eine charakteristische osteoporotisch bedingte Entkalkung des Knochens des betroffenen Körperabschnitts an. Aufnahmen beider Seiten, also z.B. beider Hände zeigen den Unterschied.

Entkalkung des Knochens bei CRPS


2. Kernspintomographie
Die Kernspintomographie zeigt Ödembildungen in den Weichteilen (Muskeln, Bindegewebe). Diese ist allerdings unspezifisch weil sie beispielsweise auch bei einer Arthritis Ödembildungen nicht ungewöhnlich sind. Zur Diagnose eines CRPS ist die Kernspintomographie daher nicht geeignet!

3. Knochen-Szintigramm
Die Knochen-Szintigraphie ist eine nuklearmedizinische Untersuchung, die dem Nachweis von Knochen-Anteilen mit erhöhtem Knochenstoffwechsel dient. Beim CRPS findet man insbesondere in den ersten 6 - 9 Monaten charakteristische Veränderungen.

4. Messungen der Hauttemperatur
Wiederholte Hauttemperaturmessungen im Seitenvergleich sind geeignet, die Diagnose eines CRPS zu untermauern, insbesondere dann, wenn der Temperaturunterschied > 1-2°C beträgt.

Das CRPS ist nicht durch Auffälligkeiten in den Laborwerten gekennzeichnet!

Therapie 

Die erfolgreiche Behandlung eines CRPS hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:
  • frühzeitige Diagnose
  • multidisziplinäre Therapie

Die langwierige Therapie sollte stufenweise erfolgen:

1. Bei Ruheschmerzen und Ödem sind diese vorrangig zu behandeln, weitere Maßnahmen sind zunächst nebensächlich. Es dürfen keine Maßnahmen ergriffen werden, die die Schmerzsymptomatik verstärken!

2. Danach erfolgt die Behandlung von Bewegungsschmerzen durch neuro- und gelenkrehabilitative Maßnahmen.

3. In der letzten Stufe erfolgt die Behandlung von Funktionsstörungen durch eine funktionell-orthopädische Rehabilitation. Häufig kann zu diesem Zeitpunkt die medikamentöse Schmerzbehandlung reduziert werden.

Medikamentöse Behandlung

Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Verabreichungsformen keine Gewähr!

1. Bisphosphonate
Bisphosphonate hemmen die Aktivität der knochenabbauenden Osteoklasten und sind vor allem bei CRPS nach Frakturen der oberen und unteren Extremitäten wirksam und Mittel der ersten Wahl. Ob ihre Wirksamkeit auch nach anderen Traumata effektiv ist, kann derzeit noch nicht beurteilt werden.

Alendronat entweder oral in der Dosis von 40mg pro Tag über 8 Wochen oder i.v. 7,5 mg an 3 aufeinanderfolgenden Tagen.

Clodronat in der Dosis 300mg i.v. an 10 aufeinanderfolgenden Tagen.

Pamidronat einmalig 60 mg i.v.

2. Calcitonin
Calcitonin ist ein Hormon, das von den C-Zellen der Schilddrüse gebildet wird. Es hemmt wie die Bisphosphonate die Osteoklastenaktivität und wirkt analgetisch, d.h. schmerzlindernd.

Es kann als Nasenspray verabreicht werden (3-4x täglich 100 IU) oder als Injektion. Dauer der Behandlung 4-8 Wochen.

Der Einsatz von Calcitonin beim CRPS ist umstritten und zugegebenermaßen gibt es kaum Studien, die eine gesicherte Wirksamkeit belegen.

3. Steroide („Cortison“)
Glukokortikoide haben eine entzündungshemmende und anti-ödematöse Wirkung. Vor allem in frühen Stadien des CRPS zeigen sie eine gute Wirkung. Weiterer Vorteil: das Ansprechen auf die Behandlung mit Kortikoiden kann relativ schnell beurteilt werden, meist innerhalb weniger Tage bis maximal 3 Wochen.

Prednisolon 100mg pro Tag, über 2-3 Wochen langsam wieder ausschleichen.

Keine Dauertherapie!

4. Medikamente gegen neuropathische Schmerzen
Schmerzen, die durch Schädigungen von Nerven zurückzuführen sind, bezeichnet man als neuropathische Schmerzen.

a) Gabapentin
Gabapentin wird zur Behandlung zerebraler Krampfanfälle eingesetzt („Epilepsie“) und hat zudem eine sehr gute schmerzstillende Wirkung.

Startdosis sind 300mg pro Tag, dann tägliche Steigerung um 300mg täglich bis auf 1200-2400mg in 3 Einzeldosen. Dosis-Maximum: 3600mg pro Tag.

b) N-Acetylcystein (NAC)
NAC ist strenggenommen ein schleimlösendes Medikament, das beispielsweise bei einer akuten Bronchitis das Abhusten erleichtern soll. Als „Nebenwirkung“ fängt es aber auch freie Radikale ein, die bei Entzündungsreaktionen oder aber Mangeldurchblutung entstehen. Eine gesicherte Wirkung beim CRPS gibt es nicht, es soll aber Patienten geben, die unter der Einnahme von NAC eine deutliche Schmerzabnahme verspüren.

Dosierung: 2-3x 600mg pro Tag oral

Medikamentöse Lokalbehandlung

Dimethylsulfoxid (DMSO)
DSMO wird auf die Haut des betroffenen Körperteils aufgetragen, durchdringt die Haut und fängt ebenfalls freie Radikale ein, die bei Entzündungen und Mangeldurchblutung entstehen.

50% DSMO wird in fettige Creme gemischt (Vaseline) und 5x täglich auf die betroffene Extremität aufgetragen.

Der Nutzen einer DSMO-Behandlung ist umstritten. Allerdings gehört DSMO in den Niederlanden zur Standardtherapie des CRPS. Unangenehme Begleiterscheinung: intensiver Knoblauchgeruch!

Rehabilitative Therapie

a) klassische Krankengymnastik
Solange beim CRPS Ruheschmerz und Ödem im Vordergrund stehen beschränkt sich die Therapie zunächst auf Ruhigstellung und Hochlagerung der Extremität. Zur Ödembehandlung kann die Physiotherapie mit Lymphdrainagen und Kältebehandlung (absteigende Bäder) helfen. Im nächsten Schritt werden die Gelenke, die der betroffenen Extremität benachbart sind, mobilisiert. Sobald der Schmerz rückläufig ist werden dann die betroffenen Gelenke bearbeitet: Traktions- und Mobilisationsbehandlung, Belastungstraining und im Fall der unteren Extremität Gangschulung.

b) Ergotherapie
Die Ergotherapie soll die betroffene Extremität wieder alltagstauglich machen, indem schmerzhafte Bewegungsmuster reduziert und die normale Sensibilität wieder hergestellt wird. Zu Beginn steht die Desensibilisierung der berührungsempfindlichen Hautareale, um sie wieder an alltägliche Berührungen zu gewöhnen. Dann werden schmerzfreie Bewegungen eingeübt und schließlich zum Training der Feinmotorik übergegangen.

Krankengymnastik und Ergotherapie sind für CRPS-Patienten unverzichtbar. Sie sollten 2-5x wöchentlich erfolgen, pro Sitzung 20-30 Minuten. Wichtig: bereitet die Therapie Schmerzen muss zurückgerudert werden da sich ansonsten die CRSP-Symptomatik verstärkt und der Heilverlauf  sich entsprechend verlängert.

Psychotherapeutische Verfahren

Hierzu gehören Krisenintervention, Entspannungstechniken und Biofeedbackverfahren. Insbesondere Patienten, die bereits vor der Entwicklung eines CRPS psychische Störungen hatten, bedürfen einer intensiven Betreuung.

Sonntag, 6. Februar 2011

Therapie-Überwachung bei Osteoporose: CT besser als DXA

renjith krishnan/FreeDigitalPhotos.net
Mit der hochauflösenden Computertomographie (HRCT) kann der Effekt einer Osteoporose-Therapie besser geprüft werden als mit der herkömmlichen Knochendichtemessung, auch DXA- Messung oder Osteodensitometrie genannt.




Knochendichtemessung stark vor der Therapie, schwach während der Therapie

Jeder Osteoporose-Patient kennt die Knochendichtemessung, mit der seine Osteoporose festgestellt wurde. Möchte man den Behandlungserfolg der Osteoporose-Therapie überprüfen, so versagt in vielen Fällen die herkömmliche Knochendichtemessung: die Messwerte unterscheiden sich meist nicht oder nur geringfügig von den Werten, die zu Therapie-Beginn erhoben wurden, was für den Patienten natürlich sehr frustrierend ist und auch der behandelnde Arzt tappt mit seinen Therapiebemühungen im Dunkeln.

Erfolgte eine Therapie mit einem sog. osteoanabolen Medikament wie beispielweise Teriparatid (Forsteo®) kann die HRCT Licht ins Dunkel bringen. Die HRCT zeigt nämlich bei osteoanabolen Therapien deutlich ausgeprägte Veränderungen der Mikroarchitektur wie beispielsweise eine stärkere Vernetzung der Spongiosa mit Anstieg der Knochendichte. Diese Veränderungen in der Mikroarchitektur entziehen sich dem Nachweis durch eine herkömmliche DXA-Messung.

Sonntag, 30. Januar 2011

Kiefernekrosen durch Bisphosphonate

Unter der Behandlung mit Bisphosphonaten und Denosumab können Kiefernekrosen auftreten, die sich durch Zahnschmerzen, Zahnfleischentzündungen, schlecht oder nicht heilende Schleimhautgeschwüre, eitrige Kieferknochenentzündungen, Zahnlockerungen/-Verlust, Schwierigkeiten beim Essen und Sprechen bemerkbar machen.  

renjith krishnan/FreeDigitalPhotos.net

Der Beziehung zwischen der Bisphosphonat-Einnahme und Kiefernekrosen führte in der Vergangenheit zu heftigen Diskussionen, zumal die Pharmaindustrie den kausalen Zusammenhang verständlicherweise infrage stellte, weil die betroffenen Patienten neben der Bisphosphonat-Einnahme noch ein weiteres gemeinsames Merkmal aufweisen: fast alle leiden unter malignen Erkrankungen. Viele Tumor-Patienten erhalten heute hochdosiert, überwiegend intravenös Bisphosphonate. So sind Zoledronat, Ibandronat, Clodronat und Pamidronat mittlerweile nicht nur zu Behandlung der Osteoporose zugelassen, sondern auch zur Behandlung von Knochenmetastasen.

Erfassung der Verdachtsfälle in einem Zentralregister

Durch die Einrichtung eines Deutschen Zentralregisters für Kiefernekrosen an der Charité Berlin ist es mittlerweile gelungen, eine größere Fallzahl zu analysieren. Nach den Daten kann folgendes Fazit gezogen werden:
  1. Die Entstehung von Kiefernekrosen im Zusammenhang mit einer hochdosierten Bisphosphonat-Therapie liegt nahe, ist aber nicht als einziger Faktor anzunehmen, da in  über 90 % der Fälle gleichzeitig eine maligne Erkrankung besteht, z. B. Mamma-, Lungen-, Nieren- und Prostatakarzinome.
  2. Kiefernekrosen entstanden fast ausschließlich immer dann, wenn stickstoffhaltige Bisphosphonate hochdosiert intravenös gegeben wurden.
  3. Die Dosierungen lagen um das 6- bis 15-fache oberhalb der Dosis bei einer Osteoporose-Behandlung.
  4. Häufig wurden verschiedene Bisphosphonate kombiniert. Viele Patienten erhielten zunächst Pamidronat intravenös oder Risedronat oral oder Clodronat und wurden später auf Zoledronat intravenös umgestellt.
  5. Der hohe Prozentsatz an Kiefernekrosen bei Zoledronat und Pamidronat ist nicht Ausdruck einer besonderen Gefährdung durch diese Präparate, sondern hängt damit zusammen, dass fast ausschließlich diese Präparate bei Karzinom-Patienten eingesetzt wurden.
  6. Nach Auswertung von rund 1000 Meldungen an das Zentralregister traten die Kiefernekrosen meist innerhalb der ersten sechs Therapiemonate auf.
  7. Sind bei den Kiefernekrose-Fällen Zahnbehandlungen der Nekrose-Diagnose vorausgegangen, handelte es sich meist um Zahnextraktionen.
 
Cortikoide und Diabetes erhöhen das Nekroserisiko

Entscheidend für die Entstehung von Kiefernekrosen ist somit das Vorhandensein eines Bisphosphonats in hoher Dosierung bei gleichzeitiger Tumorerkrankung und Chemotherapie. In der Osteoporosetherapie beträgt das Risiko für Kiefernekrosen 1 : 13.500, in der Tumortherapie bei 1 : 100 bis 1 : 50. Als Faktoren, die das Risiko erhöhen, so dass Vorsichtsmaßnahmen bei zahnärztlichen Behandlungen unter laufender Bisphosphonat-Behandlung ratsam sind, gehören: Einnahme von Cortikoiden, Protonenpumpenhemmer (das sind Magensäure-Blocker), Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, Blutzellveränderungen, koronare Herzkrankheit, chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, rheumatoide Arthritis und Rauchen.

Für Tumor-Patienten, auf die eine hochdosierte Behandlung mit Bisphosphonaten zukommt, wird eine vor Therapiebeginn durchzuführende Zahnsanierung empfohlen. Sollte während der Bisphosphonat-Behandlung eine Zahn- oder Kieferbehandlung nötig sein, dann sollte das Bisphosphonat für die Zahnsanierung bis 8 Wochen nach der zahnärztlichen Behandlung ausgesetzt werden. Für Osteoporose-Patienten hält das Zentralregister aufgrund der Datenlage derartige Vorsichtsmaßnahmen für nicht erforderlich. 

 
Hier geht´s  nach Berlin zum Deutschen Zentralregister für Kiefernekrosen an der Charité:


>>>> Zentralregister Kiefernekrose

Mittwoch, 26. Januar 2011

Transiente Osteoporose

Bei der transienten oder transitorischen Osteoporose handelt es sich um einen Knochendichteverlust, der sich relativ schnell entwickelt und äußerst schmerzhaft ist. Die Ursache dieses Knochendichteverlustes ist völlig unklar. Sie tritt meist bei Männern mittleren Alters auf (Gipfel zwischen 30 und 50 Jahren). Bei Frauen findet man sie sehr selten und wenn, dann meist bei Schwangeren gegen Ende der Schwangerschaft (nicht zu verwechseln mit der „schwangerschaftsassoziierten Osteoporose“ , siehe dazu hier: Osteoporose bei Schwangeren).
 
Unterschieden werden zwei Formen der transienten Osteoporose:
  1. die transiente Osteoporose des Hüftgelenks
  2. die transiente Osteoporose mit Befall mehrere Gelenke
 
Die Patienten verspüren plötzlich aufgetretene, intensive Beschwerden und Bewegungseinschränkungen in den betroffenen Gelenken. Da sich der Knochenschwund auf normalen Röntgenaufnahmen erst im fortgeschrittenen Stadium darstellt, ist eine Verschleppung der Diagnose nicht selten. Entscheidend für die Diagnose ist die Kernspintomographie, in der die betroffenen Gelenke ein ausgeprägtes Knochenmarködem aufweisen, weshalb die Erkrankung auch als „Knochenmarködem-Syndrom“ bezeichnet wird.

Wichtigste Behandlungsmaßnahme ist die Entlastung der Gelenke, worunter sich die Beschwerden in aller Regel langsam zurückbilden, was allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen kann (3 bis 6 Monate!). Zusätzlich kann eine Behandlung mit Bisphosphonaten hilfreich sein; werden sie intravenös gegeben, also in Form von Infusionen, so führt das zu einem schnellen Nachlassen der Beschwerden. Die Supplementierung mit 1000 mg Calcium und 800 - 1000 IE Vitamin D täglich ist obligat.

Auch wenn die Prognose der transienten Osteoporose gut ist (sie heilt meist aus): in seltenen Fällen können die befallenen Gelenke frühzeitig eine Arthrose ausbilden.


Bildgebende Diagnostik bei der transienten Osteoporose

Methode
Frühstadium
Spätstadium

Normale Röntgenaufnahme

unauffällig

Fleckige Entkalkung


CT

unauffällig




Knochenszintigramm

Mehranreicherung
was alles mögliche bedeuten kann...




Kernspintomographie

Knochenmarködem




Laboruntersuchungen und Knochendichtemessung sind wenig hilfreich!

Samstag, 16. Oktober 2010

Atypische Knochenbrüche durch Bisphosphonate?

Seit 2008 geht die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA dem Verdacht nach, dass Bisphosphonate möglicherweise zu einer Häufung sog. atypischer Oberschenkelbrüche führen können, wovon insbesondere Langzeitanwenderinnen (meist postmenopausale Frauen) betroffen sein sollen. Die Patientinnen hatten sich manchmal beidseits den Oberschenkelschaft gebrochen, eine auch für eine Osteoporose eher ungewöhnliche Lokalisation, wobei die Frakturen oftmals nach einem nur minimalen Traum auftraten. Auslöser dieses Verdachts war eine Studie der Columbia Universität in New York, die den langfristigen Einsatz von Bisphosphonaten als Ursache sah. Die Studie basierte jedoch auf nur wenigen Fällen und auf Auffälligkeiten in der Knochendichtemessung und den Untersuchung von Knochengewebsproben, deren Aussagekraft allerdings nur gering ist. 

Zu diesem Thema gibt es nun zwei weitere Studien, die Entwarnung geben sollen. Unter der mehrjährigen Einnahme von Alendronat und Zoledronat sollen atypischen Oberschenkelbrüche nur als ein äußerst seltenes Ereignis auftreten.

Atypische Lokalisation von osteoporosebedingten Oberschenkelbrüchen: der Oberschenkelschaft (zwischen den beiden roten Pfeilen)
Die Studienergebnisse müssen jedoch kritisch gesehen werden: sog. randomisierte Studien sind zur Aufdeckung seltener Komplikationen nur bedingt geeignet. Zudem sollte nicht verschwiegen werden, dass eine der beiden Studien von den Herstellern der betroffenen Bisphosphonate finanziert wurde.

Atypische Oberschenkelbrüche sind laut der amerikanischen Arzneimittelbehörde sehr selten und machen weniger als 1% der Hüft- und Oberschenkelbrüche aus. Auch wenn der Zusammenhang mit der Bisphosphonat-Einnahme bisher ungeklärt ist, drängt die Behörde die Arzneimittelhersteller dennoch darauf, entsprechende Warnhinweise in den USA herauszugeben.

Samstag, 25. September 2010

Erhöhtes Krebsrisiko unter Bisphosphonaten? - Update!

Der Verdacht, dass Bisphosphonate das Risiko für Speiseröhrenkrebs erhöhen, soll nun doch fraglich sein. Eine große Datenbankauswertung aus Großbritannien ergab bei über 40.000 Patienten, die über vier Jahre lang Bisphosphonate erhielten, kein vermehrtes Auftreten von Ösophaguskarzinomen als in einer gleichgroßen Kontrollgruppe. Auch Magenkarzinome sollen nicht häufiger aufgetreten sein.

Donnerstag, 9. September 2010

Erhöhtes Krebsrisiko unter Bisphosphonaten?

Eine englische Beobachtungsstudie hat sich mit der Medikamenteneinnahme von Männern und Frauen im Alter von über 40 Jahren beschäftigt, die zwischen 1995 und 2005 an Magen-, Speiseröhren- und Dickdarmkrebs erkrankt waren. Dabei stellten sie fest, dass Patienten, die mehr als 5 Jahren lang Bisphosphonate einnahmen, ein doppelt so hohes Risiko hatten, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken als Patienten ohne entsprechende Osteoporosemedikation. Bereits Anfang 2010 hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA über 23 Fälle von Speiseröhrenkrebs bei Patienten berichtet, die das Bisphosphonat Alendronsäure eingenommen hatten.

Die Studie stellt allerdings fest, dass das absolute Risiko trotz der Verdoppelung sehr gering ist. Aktuell erkrankt in Europa und Nordamerika nur einer von 1000 Patienten zwischen 60 und 70 Jahren an Speiseröhrenkrebs innerhalb von 5 Jahren.

Sonntag, 5. September 2010

Millionenklage wegen Fosamax®

Wegen Schäden durch das Osteoporose-Medikament Fosamax® (Alendronsäure) soll der US-Pharmakonzern Merck einer 72-jährigen Amerikanerin 8 Millionen US-Dollar (6,5 Millionen Euro) Entschädigung zahlen, da sie Schäden am Kiefer auf die 10-jährige Einnahme des Bisphosphonats zurückführt.

In einer Stellungnahme des Konzerns heißt es, dass dieser das Urteil und die Höhe der Zahlung anfechten will. Laut Merck litt die Klägerin unter gesundheitlichen Problemen und habe bis zu einer Schachtel Zigaretten täglich geraucht, worauf die schlechte Heilung des Kieferschadens zurückzuführen sei. Die Kieferschäden wären auch ohne Fosamax®-Therapie aufgetreten.

Für den Pharmakonzern steht einiges auf dem Spiel: es stehen ihm noch mehr als 1000 weitere Schadensersatzprozesse wegen Fosamax® bevor.


Bisphosphonate senken das Brustkrebsrisiko

In einer großen Beobachtungsstudie hat die die „Womens`s Health Initiative“ (WHI), eine amerikanische Forschungsgesellschaft zur Untersuchung der Gesundheit postmenopausaler Frauen, festgestellt, das die Einnahme von Bisphosphonaten möglicherweise vor Brustkrebs schützt.

Von den rund 150.000 Frauen, die in die Studie eingeschlossen waren, hatten 2.816 Alendronsäure oder ein anderes Bisphosphonat eingenommen. In dieser Gruppe erkrankten lediglich 64 Frauen an Brustkrebs, womit das Brustkrebsrisiko um 32% geringer war im Vergleich mit den Frauen, die kein Bisphosphonat erhielten.



Vermutlich wird das Überleben von Brustkrebszellen durch Bisphosphonate über zwei Wege gehemmt: zum einen unterdrücken die Osteoporose-Medikamente die Blut- und Nährstoffversorgung der Krebszellen, zum anderen wird die Aktivierung von Immunzellen diskutiert, die die Krebszellen aus dem Verkehr ziehen.

Montag, 30. August 2010

Bisphosphonat-Therapie? Zuerst zum Zahnarzt!

Unter der Behandlung mit Bisphosphonaten kann es in sehr seltenen Fällen zur Osteonekrosen des Unterkieferknochens kommen. Darunter versteht man chronisch-eiternde Entzündungen des Knochens, die schwer in den Griff zu bekommen sind.

Bei der Osteoporose-Behandlung mit Bisphosphonaten liegt die Wahrscheinlichkeit einer derartigen Komplikation bei unter 1 zu 10.000. Die Betroffenen weisen in fast allen Fällen weitere Merkmale auf, die augenscheinlich an der Entwicklung dieser seltenen Komplikation beteiligt sind:

  • Bisphosphonat-Einnahme über 1 Jahr
  • gleichzeitige Einnahme von Cortison-Präparaten (Glukokortikoide)
  • Alter über 60 Jahre
  • größere zahnärztliche Behandlungen

Die zahnärztlichen Behandlungen während einer laufenden Bisphosphonat-Behandlung scheinen der wichtigste Risikofaktor zu sein. In einer kürzlich veröffentlichen Untersuchung hatten rund 90% der Patienten vor der Entwicklung einer Osteonekrose sich einem zahnärztlichen Eingriff unterzogen.


Daher sollten alle Patienten, bei denen eine Bisphosphonat-Behandlung ansteht, zuvor einen zahnärztlichen Check durchführen lassen und anstehende Zahnsanierungen nicht aufschieben.