Sonntag, 30. Januar 2011

Kiefernekrosen durch Bisphosphonate

Unter der Behandlung mit Bisphosphonaten und Denosumab können Kiefernekrosen auftreten, die sich durch Zahnschmerzen, Zahnfleischentzündungen, schlecht oder nicht heilende Schleimhautgeschwüre, eitrige Kieferknochenentzündungen, Zahnlockerungen/-Verlust, Schwierigkeiten beim Essen und Sprechen bemerkbar machen.  

renjith krishnan/FreeDigitalPhotos.net

Der Beziehung zwischen der Bisphosphonat-Einnahme und Kiefernekrosen führte in der Vergangenheit zu heftigen Diskussionen, zumal die Pharmaindustrie den kausalen Zusammenhang verständlicherweise infrage stellte, weil die betroffenen Patienten neben der Bisphosphonat-Einnahme noch ein weiteres gemeinsames Merkmal aufweisen: fast alle leiden unter malignen Erkrankungen. Viele Tumor-Patienten erhalten heute hochdosiert, überwiegend intravenös Bisphosphonate. So sind Zoledronat, Ibandronat, Clodronat und Pamidronat mittlerweile nicht nur zu Behandlung der Osteoporose zugelassen, sondern auch zur Behandlung von Knochenmetastasen.

Erfassung der Verdachtsfälle in einem Zentralregister

Durch die Einrichtung eines Deutschen Zentralregisters für Kiefernekrosen an der Charité Berlin ist es mittlerweile gelungen, eine größere Fallzahl zu analysieren. Nach den Daten kann folgendes Fazit gezogen werden:
  1. Die Entstehung von Kiefernekrosen im Zusammenhang mit einer hochdosierten Bisphosphonat-Therapie liegt nahe, ist aber nicht als einziger Faktor anzunehmen, da in  über 90 % der Fälle gleichzeitig eine maligne Erkrankung besteht, z. B. Mamma-, Lungen-, Nieren- und Prostatakarzinome.
  2. Kiefernekrosen entstanden fast ausschließlich immer dann, wenn stickstoffhaltige Bisphosphonate hochdosiert intravenös gegeben wurden.
  3. Die Dosierungen lagen um das 6- bis 15-fache oberhalb der Dosis bei einer Osteoporose-Behandlung.
  4. Häufig wurden verschiedene Bisphosphonate kombiniert. Viele Patienten erhielten zunächst Pamidronat intravenös oder Risedronat oral oder Clodronat und wurden später auf Zoledronat intravenös umgestellt.
  5. Der hohe Prozentsatz an Kiefernekrosen bei Zoledronat und Pamidronat ist nicht Ausdruck einer besonderen Gefährdung durch diese Präparate, sondern hängt damit zusammen, dass fast ausschließlich diese Präparate bei Karzinom-Patienten eingesetzt wurden.
  6. Nach Auswertung von rund 1000 Meldungen an das Zentralregister traten die Kiefernekrosen meist innerhalb der ersten sechs Therapiemonate auf.
  7. Sind bei den Kiefernekrose-Fällen Zahnbehandlungen der Nekrose-Diagnose vorausgegangen, handelte es sich meist um Zahnextraktionen.
 
Cortikoide und Diabetes erhöhen das Nekroserisiko

Entscheidend für die Entstehung von Kiefernekrosen ist somit das Vorhandensein eines Bisphosphonats in hoher Dosierung bei gleichzeitiger Tumorerkrankung und Chemotherapie. In der Osteoporosetherapie beträgt das Risiko für Kiefernekrosen 1 : 13.500, in der Tumortherapie bei 1 : 100 bis 1 : 50. Als Faktoren, die das Risiko erhöhen, so dass Vorsichtsmaßnahmen bei zahnärztlichen Behandlungen unter laufender Bisphosphonat-Behandlung ratsam sind, gehören: Einnahme von Cortikoiden, Protonenpumpenhemmer (das sind Magensäure-Blocker), Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, Blutzellveränderungen, koronare Herzkrankheit, chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, rheumatoide Arthritis und Rauchen.

Für Tumor-Patienten, auf die eine hochdosierte Behandlung mit Bisphosphonaten zukommt, wird eine vor Therapiebeginn durchzuführende Zahnsanierung empfohlen. Sollte während der Bisphosphonat-Behandlung eine Zahn- oder Kieferbehandlung nötig sein, dann sollte das Bisphosphonat für die Zahnsanierung bis 8 Wochen nach der zahnärztlichen Behandlung ausgesetzt werden. Für Osteoporose-Patienten hält das Zentralregister aufgrund der Datenlage derartige Vorsichtsmaßnahmen für nicht erforderlich. 

 
Hier geht´s  nach Berlin zum Deutschen Zentralregister für Kiefernekrosen an der Charité:


>>>> Zentralregister Kiefernekrose