Rund 4% aller Deutschen leiden an zerebralen Krampfanfällen und sind auf die regelmäßige Einnahme von krampfhemmenden Antiepileptika angewiesen. Es ist bekannt, das Patienten mit Epilepsie ein bis zu 6-fach erhöhtes Frakturrisiko haben als die Normalbevölkerung. Ursächlich sollen die Antiepileptika sein, die je nach Präparat das Frakturrisiko um bis zu 80% erhöhen (Phenobarbital).
Seit 1967 erstmals über Osteopathien bei Kindern unter antiepileptischer Behandlung berichtet wurde sind zahlreiche Studien durchgeführt worden, die sich mit dem Einfluss der Antiepileptika auf den Knochenstoffwechsel beschäftigen. Berichtet wurde von biochemischen Veränderungen im Knochenstoffwechsel bis hin zu schweren Knochenveränderungen. Im Kindesalter entspricht die sog. Osteopathia antiepileptica dem Krankheitsbild der Rachitis, bei Erwachsenen der Osteomalazie.
Zur Auslösung einer Osteopathia antiepileptica gehören vermutlich mehrere Faktoren. Häufig beobachtet wird ein Vitamin-D-Mangel, die sog. Vitamin-D-Hypovitaminose, die durch einen beschleunigten Vitamin-D-Abbau als Folge einer Enzymaktivierung in der Leber durch Antiepileptika wie Phenytoin, Phenobarbital, Primidon und Carbamazepin entstehen soll. Antiepileptika können jedoch auch die Calcium-Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt hemmen und auch unmittelbar Einfluss auf das Knochengewebe nehmen, indem sie die Balance zwischen Osteoklasten und Osteoblasten stören. Nach den bisherigen Untersuchungen gehören vor allem Primidon, Phenytoin und insbesondere Phenobarbital zu den häufigsten Auslösern der Osteopathie. Bei Primidon ist zu beachten, dass es im Körper zu Phenobarbital umgewandelt wird.
Ob auch die neueren Antiepileptika wie Valproinsäure, Clonazepam, Ethosuximid, Gabapentin, Lamotrigin oder Topiramat negativen Einfluss auf den Knochenstoffwechsel haben, ist zurzeit noch nicht sicher geklärt. Es existiert allerdings eine Studie aus 2002, die eine tendenziell niedrigere Knochendichte bei Patienten mit älteren Präparaten aufweist (s.o.) im Vergleich zu Patienten, die neuere Präparate einnehmen.
Neben der Art des Präparats (alt oder neu), der Dosis und vor allem der Einnahme-Dauer spielen eine Immobilisation, eine genetische Disposition, das Lebensalter und auch der Hormonstatus des Patienten (Menopause!) eine Rolle bei der Entwicklung des Osteopathia antiepileptica. Zusätzlich zur Einnahme von Calcium und Vitamin D, erhöhter Sonnenlicht-Exposition und viel Bewegung ist unter der regelmäßigen Einnahme von Antiepileptika ein regelmäßiger Check der Knochendichte wünschenswert.